Schlafen

  • Es war toll, wieder zu Hause zu sein. Endlich konnte ich wieder in meinem bequemen Sessel sitzen, in dem ich auch viele Nächte gut schlafen konnte. Da ich nach der OP keinen oberen Magenverschluß mehr habe, muß ich für immer mit hochgelagertem Oberkörper schlafen. In meinem Bett habe ich das Kopfteil des elektrischen Lattenrosts hochgestellt, hatte aber schon nach ein paar Stunden extreme Nackenschmerzen. Also wieder in den Sessel ins Wohnzimmer.
  • Da ich nicht für immer im Wohnzimmer schlafen wollte, ließ ich versuchsweise den kompletten Lattenrost am Kopfende auf ca. 30 Zentimeter hohe Böcke stellen. Auf dieser schiefen Ebene konnte ich aber nur schlecht schlafen, da ich zu dieser Zeit noch nicht auf der Seite liegen konnte. Die Narben und der Brustkorb waren noch nicht belastbar. Zudem bin ich Nachts immer nach unten gerutscht oder hatte starke Schmerzen im unteren Rückenbereich.
  • Mein Bruder, der Orthopädiemechaniker ist, hat mir einen mit Stoff bezogenen Schaumstoffkeil gefertigt. Auf diesem kann ich in meinem Bett sehr gut schlafen. Vorteilhaft ist auch, dass ich diesen Keil gut mit auf Reisen nehmen kann. Das hat in der Reha und auf Sylt schon super funktioniert.
  • Ich habe jetzt, ein halbes Jahr nach der Operation nochmal den Versuch unternommen, den kompletten Lattenrost am Kopfende auf ca. 30 Zentimeter hohe Böcke  zu stellen. Es klappt sehr gut. Da ich wieder auf der Seite liegen kann, funktioniert diese Liegeweise jetzt sehr gut.

Essen und trinken

  • In den ersten Wochen nach der Operation hatte ich arge Probleme beim Schlucken. Es war zum einen der Engpass an der  Verbindungsstelle, wo der Magenschlauch an die Restspeiseröhre angenäht war. Zum anderen der gereizte und entzündete Rachenbereich. Natürlich auch der Magenschlauch selbst, der ja noch garnicht richtig wusste, das er jetzt eine Speiseröhre sein sollte. Diese Einschränkungen sind von Woche zu Woche besser geworden und aktuell fast verschwunden. Was man besser oder schlechter verträgt, muß jeder für sich herausfinden. Ich vertrage z.b. getoastetes Graubrot oder Knäckebrot viel besser als Brötchen.
  • 02. 02.2013 Es war Samstag, ich hatte so richtig Apetit auf ein schönes Stück Fleisch. Meine Frau besorgte feinstes Steak vom Rinderfilet. Die saftige Fleischschnitte haben wir in einer gußeisernen Pfanne medium gebraten. Als der Teller dann vor mir stand lief mir das Wasser im Mund zusammen. Außen röstig, knusprig und gebräunt - innen ein hauch von Rosa. Nach ein paar Bissen, die ich als kleine Stücke abgeschnitten und sehr gründlich gekaut hatte, ging es nicht weiter. Es war, als hätte ich einen Korken verschluckt. Vermutlich hatte sich das Fleisch als Klumpen im Bereich der Verbindungsstelle festgesetzt. Sogar der Speichel ging nicht daran vorbei und ich mußte alle paar Minuten spucken. Das hat sich fast die ganze Nacht so hingezogen, an Schlaf war nicht zu denken. Immer wieder Speichel ausspucken. So gegen 6.00 Uhr am Sonntagmorgen war der Spuk dann endlich vorbei. Der Pfropf hatte sich gelöst und ich konnte wieder schlucken. Seit diesem Tag fiel es mir sehr schwer feste Nahrung, besonders Fleisch, zu essen.
  • Meine Frau hat mir das Buch "Essen und Trinken nach Magenentfernung" besorgt. Diese Lektüre hat dann einiges klarer werden lassen. Ich halte mich seit dem an einige der vielen darin beschriebenen Regeln, versuche aber möglichst viel wieder so zu machen wie vor der Erkrankung. Eine der wichtigsten Regeln für mich bleibt aber wohl für immer, die Menge der Nahrung für eine Mahlzeit so groß wie möglich, aber auch so klein wie nötig einzunehmen.
  • 14.05.2013 Auf der Fahrt von der Reha nach Sylt, machten wir so gegen 13.00 Uhr auf einem Autohof Stop. Als ich dort den B....King sah, sagt ich zu meiner Frau: "Ich ess jetzt einen Whopper." Das tat ich dann auch. Natürlich habe ich zuviel von diesem sehr gut schmeckenden Grillfleisch-Brötchen gegessen. Nach einer halben Stunde ging es los. Es fing mit einem leichtem Kneifen in der Bauchgegend an. Auf dem Autoreisezug hatte ich dann extremste Darm-Koliken. Es fühlte sich an, als hätte ich eine ganze Kuh verspeist, die mit ihren geteilten Füßen meinen Darm maltretierte. Nach einer Stunde wurde es dann wieder besser.
  • Mir ist aufgefallen, dass es sehr hilft, die Getränke schluckweise im Mund hin und her zu bewegen und dabei mit Speichel zu vermengen. Dann erst zu schlucken, weil dadurch die Temperatur des Getränks besser angepasst wird und man den Zucker im Getränk "vorverdaut". Ebenso ist es sehr hilfreich, beim Essen mindestens 30x zu kauen - denn gut gekaut ist halb verdaut! Im Mund werden die Kohlenhydrate durch Enzyme aus dem Speichel zerlegt.
  • Um mein Körpergewicht zu halten, trinke ich pro Tag einen halben Liter Malzbier (220kcal) und zwei weitere Liter Getränke, die mit fünf Eßlöffeln (ca. 250kcal) Maltodextrin angereichert sind. Kalorienreiche und mengengeringe Mahlzeiten versuche ich mit jeweils z.b. zwei Weißwürsten, einer Bratwurst, einem Croissant, 6 Chicken-Nuggets oder auch mal einem M...Rib einzunehmen. Zur Zeit verwertet mein Verdauungsapparat aber wohl noch nicht alle aufgenommenen Kalorien für meinen Körper. Ein Teil des Fetts wird mit dem Stuhl wieder ausgeschieden.
  • Heute, ein halbes Jahr nach der OP esse ich schon ziemlich wieder alles was ich vorher gegessen habe. Nur die Portionen sind halt entsprechend klein. Dafür esse ich fast schon automatisch alle 2 Stunden etwas (ohne auch nur ein kleinstes Hungergefühl zu verspüren). Im laufe der letzen Monate habe ich zudem mehrere kalorienreiche Getränke ausprobiert. Am besten schmeckt und bekommt mir zur Zeit der Power-Drink Zitrone oder Orange von Wesergold (0,5l = 180 kcal). Nach den Mahlzeiten stelle ich mir jetzt immer einen Kurzzeitmesser (Eieruhr). Damit ist es einfacher für mich, erst 30 Minuten später wieder zu trinken. Die Darmschmerzen nach der Nahrungsaufnahme oder dem Trinken sind mal stärker, mal etwas schwächer - schön wäre, wenn diese Beschwerden ganz vorbei sein könnten - dazu werde ich wohl keine Vorhersage erhalten.

Sonstige beeinträchtigungen

  • Das Atmen nach der Operation war als hätte ich einen Spanngurt um den Brustkorb. Bei jedem Atemzug mußte ich mich beruhigen und habe mir gedacht, dass wird bestimmt wieder besser. Heute kann ich schon wieder fast normal Luft holen. Das richtig tiefe Einatmen fällt noch etwas schwer, wird aber auch immer leichter.
  • Immer wieder aus dem Nichts bekomme ich extreme Koliken - ? ob vom Darm, oder aus dem Gallengang, vom Rücken ? - ich kann diesen Schmaerz nicht lokalisieren. Der kommt irgendwann, bleibt mehrere Sekunden ... gefühlt eine Ewigkeit ... und verschwindet dann wieder.
  • Nach der OP hatte ich für viele Wochen noch diesen extremen Reizhusten. In der HNO-Klinik hatte ich deswegen eine sehr unschöne Spiegelung des Rachenbereichs durch die Nase. Bei dieser Untersuchung kam heraus, dass mein gesamter Rachenbereich durch aufsteigende Verdauungssäfte entzündet war. Seit dem nehme ich zweimal am Tag eine 40mg Pantoprazol. Das soll die Produktion der Magensäure unterbinden.
  • Jetzt so ca. 5 Monate nach der OP ist der Hustenreiz merklich abgeklungen. Seit dem 12.06. nehme ich die 40 mg Pantoprazol nur noch einmal täglich am Abend. Meine Fitness ist schon einigermaßen gut. Ich versuche fast täglich meine Muskelmasse zu trainieren, und die Ausdauer auf dem Ergometer zu verbessern. Hin und wieder kneift mal eine Narbe, aber sonst sind Schmerzen nur in der Darmregion nach dem Essen oder Trinken wahrzunehmen.
  • Anfang dieser Woche ging es mir für drei Tage (24. bis 26.06) mal wieder echt bescheiden. Aus heiterem Himmel anhaltend Durchfall, Darmschmerzen und dieses Gefühl "Kein Bock auf garnichts". Das sind wohl die angekündigten schlechten Tage, die man als Krebserkrankter immer mal wieder haben soll. Heute, Donnerstag, geht es mir wieder viel besser.

Reha

  • Am 16.04.2013 ging es dann für drei Wochen nach Lehmrade. Das Navi dachte bestimmt - Lehmwas ? - hat den Ort aber doch gekannt. Meine Frau hat mich begleitet und sich für die Zeit eine Ferienwohnung in Mölln gemietet. Durch die Pausen im zwei Stunden Rythmus wurde es eine entspannte Anreise. Die letzten Kilometer vorm Ziel bekamen wir dann einen Schrecken. Was ist denn das für eine Piste, sagte ich zu meiner Frau. Schlagloch an Schlagloch war auf der Straße zwischen Mölln und Lehmrade zu umfahren. Dann waren wir angekommen. Eine relativ kleine Einrichtung, ältere Gebäude und alles in einem sehr kleinen Ort. In der Klinik waren alle Mitarbeiter sehr freundlich und hilfsbereit. Die Anwendungen der Ergo- und Physiotherapie waren gut auf meine Belastbarkeit abgestimmt. Ich hatte ein großes Zimmer. Im Speisesaal saßen je maximal vier Personen an einem Tisch. Ich teilte mir wärend der gesamten drei Wochen den Tisch mit sehr netten Frauen. Das Mittagessen war im großen und ganzen gut. Morgens und Abends gab es Buffet. Bei meinen Problemen mit dem Essen und Trinken hat mir die Ernährungsberaterin Frau Kongsbak sehr geholfen. Sie hat mir Anfangs im persönlichen Gespräch erklärt, wie ich gut mit der neuen Situation umgehen kann. An ihren kleinen Schlüsselanhänger aus Holz, mit dem sie mir mein Magenvolumen aufzeigte, werde ich mich mein ganzes Leben lang erinnern. In der von ihr geleiteten "Magengruppe" waren Patienten mit verschiedensten Ernährungsproblemen nach Krebserkrankungen. Der Austausch zwischen den Betroffenen war mit Ihrer Moderation und Erklärung sehr gut. Zudem waren ihre Schulungen in der Lehrküche äußerst hilfreich. Sie konnte sehr gut erklären, wie z.b. der Begriff Mahlzeit für Patienten mit nur kleinem oder ganz ohne Magen zu verstehen ist. Sie hat mit uns Betroffenen in der Lehrküche mit einfachsten Dingen tolle kleine Mahlzeiten bereitet.

Körpergewicht

  • Da ich mich seit einigen Jahren jeden Sonntag nach dem Aufstehen wiege, ist mein Körpergewicht sehr gut dokumentiert. Meine Körpergröße ist und bleibt hoffentlich unverändert 1,86 m. In den 24 Monaten vor der Behandlung meiner Erkrankung lag mein Gewicht durchschnittlich bei 95 bis 98 Kg. Während der Erkrankung und nach der Operation (nur zu Hause gewogen):

    • 98,7 kg am 4.11.2012 ( vor der Vorbehandlung)
    • 100 Kg am 11.11.12 (nach der 1. Chemo)
    • 93,5 Kg am 16.12.2012 (nach der Vorbehandlung)
    • 102,2 Kg am 13.01.2013 (4 Tage vor der Op)
    • 93,8 Kg am 03.02.2013 (17. Tag nach der Op)
    • 90 Kg am 17.02.2013 (1. Monat nach der OP)
    • 87,0 kg am 17.03.2013 (2. Monat nach der OP)
    • 85,5 Kg am 14.04.2013 (2 Tage vor der Reha)
    • 83,5 Kg am 19.05.2013 (12 Tage nach Reha)
    • 84,6 Kg am 26.05.2013
    • 85,7 Kg am 02.06.2013
    • 85,8 Kg am 09.06.2013
    • 85,1 Kg am 16.06.2013
  • 21.07.2013 Seit einigen Wochen kann ich, durch die regelmäßige Nahrungsaufnahme sowie mit kalorienreichen Getränken, mein Gewicht so etwa um die 86 Kg halten. Darum notiere ich hier bis auf weiteres keine Messungen. Die am gesamten Körper entschwundene Muskelmasse kehrt langsam zurück. Auch wenn mein BMI zurzeit wohl besser ist als vor der Operation, fühle ich mich wie ein " ungebügeltes Hemd". Die regelmäßigen Übungen an unserem Fitness-Center werden hoffentlich zur weiteren Körperstärke beitragen.

dies und das

  • Direkt nach der Reha sind wir am 7. Mai noch für eine Woche auf die Insel Sylt gefahren.. Das war eine sehr gute Entscheidung. Auf unserer Lieblingsinsel war es wie immer in den letzten Jahren echt schön. Leider hatte ich auch in dieser Umgebung immer mal wieder anstrengende Tage. Der Wind und die Geräusche des Meeres haben mir aber den Kopf für mein "neues Leben" frei gemacht.
  • Auf Antrag beim Versorgungsamt, gleich im Februar, bekam ich auf Grund meiner Krankheit den Grad der Behinderung (GdB) von 90 bescheinigt. Seit dem 29.05.2013 habe ich auch einen Schwerbehindertenausweis.